Stadt/Landfahrt am 02.11.2015
Bei herrlichem Herbstwetter startete diesmal eine kleinere Gruppe Seniorinnen und Senioren zu einer Halbtagesfahrt vom ehemaligen Zeugamtsgelände aus. Wenn auch der Bus verspätet losfuhr, so gab es
doch an diesem Tag viel zu sehen und zu erfahren. Frau Eckhardt griff wieder tief in die Geschichtskiste und erklärte uns den Begriff des „Großen Freien“:
Entlang der heutigen B 65 war früher eine der ältesten Handelsstraßen, und die Bauern in den Dörfern von Ahlten bis Hämeler Wald genossen freiheitliche Rechte seit dem 8. Jhdt. – waren keine Leibeigenen. Sie besaßen Waffen und durften in den Wäldern jagen, Land kaufen oder verkaufen, sogar Bier brauen. Dafür mussten sie aber Soldaten für das Heer stellen. Die Siedlungen sind teilweise sehr alt, so gab es Sehnde schon 700 vor Chr. Damals hieß der Ort Seneke, was soviel wie „Weide des Viehs“ hieß. Der deutsche Arzt Wahrendorff hatte in Paris erfahren, dass man nervenkranke Menschen nicht einfach wegsperren muss, wie es hierzulande geschah. Er gründete vor 150 Jahren in Köthenwald die Wahren-dorffschen Anstalten, wo die Kranken entsprechend behandelt werden können und wo sie auf ein mögliches freies Leben vorbereitet werden. Heute wird die Anstalt von Dr. Wilkening geleitet, der in die Anstalt 80 Mill. € investiert hat. So gibt es einen großen Park, in dem die Kranken auch arbeiten können.
In Sehnde fuhren wir an der neuen Strafvollzugsanstalt vorbei, die laut Frau Eckhardt von Straf-gefangenen deutlich vor anderen Einrichtungen „bevorzugt“ wird. In der Haftanstalt wird Wert auf Weiterbildung gelegt, um den Häftlingen eine Wiedereingliederung ins normale Leben zu erleichtern. Weil in diesem Gebiet Zuckerfabriken schließen mussten und Arbeitsplätze verloren gingen, gab es für ca. 300 Mitarbeiter nun Arbeitsplatzmöglichkeiten in der JVA. Ob die ehemaligen Zuckerarbeiter
das begeistert angenommen haben, darf man aber Zweifel hegen.
Gleich in der Nähe der Anstalt ist eine große Abraumhalde vom Kalibergwerk. Laut unserer Reiseleiterin war die erste Bohrung nach Kalisalz 1860. Inzwischen gibt es auch im Bergbaugebiet wegen des Abbaus Erdeinbrüche – wie schon früher im Bereich Empelde.
Von der Stadt Sehnde pries Frau Eckhardt die gute Verkehrsanbindung und die hohe Wohnqualität.
Das benachbarte Rethmar beherbergt das Bundessortenamt für Rosen. Der kleine Ort hat auch ein 1986 von H. Wackerbarth erworbenes Schloss, in dem man auch Hochzeiten abhalten kann. In der Nähe steht eine Kirche der Hl. Katharina. Von hier soll ein Pilgerweg nach Hildesheim führen.
Als kleines Highlight ermöglichte uns Frank Wünsche, dass wir in seinem Ort Equord („Dorf unter der Eiche“) in die Markus-Kirche hinein gehen konnten, die vor 305 Jahren von G. Chr. von Hammerstein gebaut wurde und wegen ihrer besonderen Form „kleiner Petersdom“ genannt wird. Kirchenvor-standsmitglied und Feuerwehrchef Norbert Frank erklärte uns die Geschichte und Ausstattung der Kirche. Neben der Kirche sind die Gräber der Familie Hammerstein angelegt. In den Bus gestiegen ging nun die Fahrt am Strom-Kraftwerk Mehrum vorbei. Hier war keine nähere Besichtigung geplant. Das Werk war in Betrieb, wie uns die Wasserschwaden vom Kühlturm anzeigten. Es wird mit Kohle betrieben, die über den Mittellandkanal heran geschifft wird. Der erzeugte Strom wird in den europäischen Verbund gespeist. Ob das Kraftwerk noch länger arbeiten kann, ist ungewiss, da die Strompolitik immer mehr in Richtung erneuerbare Energien geht.
Auf dem Gut Adolphshof in Hämelerwald machte unsere Gruppe Rast. Während wir im neu gestalteten Seminarraum mit belegten Brötchen und frisch gepresstem Apfelsaft versorgt wurden, erläuterte Frau Güntzel, die dort für die Bildungseinrichtung zuständig ist, Geschichte und Aufbau des
Hofes. Der Hof wird von einem Verein geleitet. Der Bauer hat das Land nur gepachtet. Es gibt einen Hofladen sowie auch Verkauf der im ökologischen Landbau erzeugten Produkte über die Märkte in Hannover.
In den letzten Jahren hat sich auf dem Gelände des Adolphshofes eine Sozialeinrichtung angesiedelt, in der psychisch kranke Erwachsene betreut werden, die in handwerklichen und landbaugemäßen Einrichtungen beschäftigt werden können. Ein kleiner Hofrundgang mit Angela Sarte als Führerin rundete den interessanten Besuch dort ab. Die Rückreise nach Hannover führte über Hämelerwald und Sievershausen, ein geschichtsträchtiges Gebiet, denn hier fand eine der
blutigsten Schlachten vor dem 30jährigen Krieg statt.
Bei der Durchfahrt von Lehrte, am Wasserturm vorbei, dem Wahrzeichen von der Stadt, sahen wir viele Gewerbebetriebe, die von der nahen Autobahn und der Eisenbahn profitieren. Ehemals ab 1841 war Lehrte Eisenbahnverkehrsknotenpunkt. Und, bevor wir nach der aufschlussreichen Fahrt wieder Hannover erreichten, erzählt Frau Eckhardt noch von den Lehrern früherer Zeit und ihren Problemen, auch mit ihrer Bezahlung, sowie, dass erst ab 1842 die allgemeine Schulpflicht eingeführt wurde. Aber davor -als billige Arbeitskraft- war das Leben als Kind sicher nicht besser gewesen.